Die Königsdorfer Künstlerin Murml Gold hat für die „Grenzenlose Kinderhilfe“ einen Hilfstransport in die Ukraine organisiert und dort viele verzweifelte Menschen erlebt.
Königsdorf – „Wenn man rein kommt, steht man vor einem riesigen Berg Schachteln“: So beschreibt Murml Gold das Bild, dass sich derzeit jedem bietet, der den Elektroladen ihres Mannes in Königsdorf betritt. Hier sammelt die 43-Jährige Spenden für die Stiftung „Grenzenlose Kinderhilfe“. Vor kurzem ist sie erstmals mit ins ungarisch-ukrainische Grenzgebiet gefahren und hat unserer Zeitung von ihren Eindrücken dort berichtet.
Der Whatsapp-Status zeigt an, was momentan gebraucht wird
„Anfangs habe ich eigentlich nur eine Möglichkeit gesucht, wo ich hin spenden kann“, erzählt die Königsdorferin. Dann sei sie von der Grenzenlosen Kinderhilfe so begeistert gewesen, dass sie am zweiten Tag begonnen hat, selbst zu sammeln. Zur Zeit sei das Sortieren und Verpacken der Ware ein Vollzeitjob, sagt Gold, die eigentlich als Künstlerin arbeitet. Unterstützung erhält sie nahezu jeden Tag auch von zwei Ukrainerinnen, die aus Odessa geflohen sind und bei einer Freundin untergekommen sind.
In ihrem Whatsapp-Status gibt Gold regelmäßig einen Überblick, was aktuell an Spendengütern benötigt wird. „Das haut perfekt hin. Ich bin so dankbar für die Leute, die uns Sachen bringen“, freut sie sich. „Wenn es etwas Positives an diesem Krieg gibt, dann die Tatsache, dass wir alle zusammen gewachsen sind. Ich weiß genau, ich allein hätte das nie geschafft.“
Im Grenzfluss zu Ungarn ertrinken ukrainische Männer
Vor kurzem ist die 43-Jährige zum ersten Mal gemeinsam mit ihrem Mann Andi, ihren Kinder Maxi und Sophia sowie ihren beiden Mitstreitern Ralph Nöth und Sandra Rauchenberger ins Grenzgebiet gefahren. Was sie dort erlebt haben, beschreibt Gold als „grenzwertige Erfahrung“. Von János Mester, dem Stiftungsgründer der Grenzenlosen Kinderhilfe, sowie zwei Bürgermeistern wurden die Gäste aus Deutschland an verschiedene Orte gebracht, damit sie sich selbst ein Bild der Lage im Grenzgebiet machen können.
„Wir waren zum Beispiel an einem Grenzfluss zwischen Ungarn und der Ukraine“, erzählt Gold. „Auf dem Fluss haben wir Militär patrouillieren sehen. Später haben wir erfahren, dass das ungarische Militär auf dem Wasser unterwegs ist, weil viele Männer aus der Ukraine raus wollen, aber nicht dürfen. Sie springen dann vor lauter Verzweiflung in den Fluss und versuchen, ans andere Ufer zu schwimmen. Uns wurde erzählt, dass in der Woche, bevor wir dort waren, vier Männer im Fluss ertrunken sind.“ Ein Erlebnis, das Gold und ihre Familie emotional sehr berührt hat.
Die Ukrainer hatten die Russen für ihre Brüder gehalten
Ebenso wie die Begegnung mit einem Arzt, der mit seiner Familie vor dem Krieg geflohen ist. „Wolodija hat zu uns gesagt: ,Die, die wir für den guten Bruder gehalten haben, bombardieren uns in Schutt und Asche. Und die Deutschen, die für uns immer die Bösen waren, kommen und helfen uns.‘ Das war für mich die krasseste Aussage. Da merkt man, wie der Westen von Russland zum Bösen propagiert wurde.“ Die Fahrt ins Grenzgebiet beschreibt die 43-Jährige insgesamt als „harten Tobak“. „Ich war früher Rettungssanitäterin und würde behaupten, dass ich ein bisschen abgehärtet bin. Trotzdem war es emotional viel.“
Für den heutigen Samstag plant Gold die Spendenaktion „Ein Licht für ein Leben“ in Königsdorf. Dabei können Kerzen entweder selbst in ukrainischen Farben gefärbt und anschließend verziert werden, oder bereits Fertige erworben werden. Der Preis für eine Kerze entspricht dem Preis für ein Lebensrettungskit. „Das ist ein Set, das jeder Soldat bei sich tragen sollte“, erklärt Gold. „Es entscheidet darüber, wer lebend das Schlachtfeld verlässt.“
Darin enthalten ist ein Abbindesystem, mit dem jemand vor dem Verbluten gerettet werden kann. „Das Schöne an unserer Aktion ist, dass man am Ende genau weiß, wie viel Leben man gerettet hat“, sagt Gold. Daneben gibt es allehand Österliches von bemalten Eiern über Osterlämmer und -fladen zu kaufen. Neben einer Bilderstrecke, die Aufnahmen von Wolodijas Flucht zeigt, klären zwei Ärzte, die bis vor einem Monat in Kiew waren, in einem Vortrag über die humanitäre Lage in der Ukraine auf.
veröffentlicht auf der Website Merkur.de
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